Donnerstag, 7. Mai 2020

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Bald sind es zwei Wochen seit den ersten Lockerungen unserer Ausgangssperre. Nächste Woche zeigt sich, ob wir uns in den Gartencenter und beim Coiffeur wieder vermehrt angesteckt haben. Auf der einen Seite bin ich froh, geht wieder mehr: endlich Erde für die Tomaten einkaufen, einen neuen Teppich für die Post-Hunde-Ära besorgen, die Mähne stutzen. Endlich wieder vernünftig aussehen und bereit sein für die kommenden Sommer- und Hitzetage. Nun steht bereits der nächste Schritt vor der Türe: Restaurants, weitere Einkaufsläden, Schulen. Es geht nun rasch vorwärts - zu rasch?
Das Wohnmobil ist eingelöst, aber wo es hingeht - und wann - ist noch ziemlich offen. Vermutlich wird es heuer nur die Schweiz sein, mein geliebtes Meer ist in weite Ferne gerückt. Selbst wenn ich dort hinfahren könnte, aus Frankreich gab es heute Signale, dass die Strände zumindest im Sommer wohl nicht geöffnet werden. Gut, die Schweiz ist ja auch schön, aber Meer ist eben etwas was fehlt bei uns. Klar ist, im Hochsommer bleibe ich mehrheitlich zu Hause. Die Campingplätze werden ziemlich sicher wieder offen sein, noch sicherer sind sie gut besucht. Reservieren mache ich nicht, ganz sicher nicht in diesem Jahr. Und eigentlich habe ich auch gar keine Ferien im Juli und anfangs August. Eien Woche im Juni, dann zwei Ende August/Anfang September und zwei Ende Oktober/Anfang November. So der Plan, die Realität steht in den Sternen (gleich neben den Euromillions-Gewinnzahlen von Morgen Freitag). Eine zweite Welle ist wahrscheinlich, alleine Zeitpunkt und Höhe sind Stand heute nicht einzuschätzen. Ich rechne damit, dass wir im Mai/Juni - mit den weiteren Öffnungen und schönen, langen Sommertagen - wieder einen Anstieg der Fallzahlen erleben werden. Das wird vermutlich noch verkraftbar sein, die Stunde der Wahrheit kommt dann zwischen Juli und September. Wenn es hier nicht eine starke zweite Welle gibt, dann haben wir es vermutlich einigermassen im Griff das Corona-Virus. Und ich vermute, dass wir im 2021 irgendwann auch eine Impfung verfügbar haben werden. Bis dahin gilt es, die Schutzmassnahmen so gut wie möglich einzuhalten und auch mittels Kontakt-Tracing-App auftretende Fälle so weit wie möglich zurückzuverfolgen. Das heisst dann auch, dass wir sowohl freiwillig - durch eine Änderung in der Gesellschaft - als auch gezwungenermassen aufgrund eines Verdachtfalles, häufiger von zu Hause aus arbeiten werden als vorher. Gewisse Verhaltensweisen werden wir nicht mehr weg bringen: weniger Umarmungen, kaum mehr Wangenküsse, Händeschütteln wird zum Ausnahmefall. Desinfektionsmittel-Dispenser erkämpfen sich einen Platz im Alltag, statt Rauchpausen gibt es nun Hygiene-Breaks. Einige Veränderungen finde ich sinnvoll, andere schmerzen ein wenig (und ich weiss noch nicht, wie konsequent ich dies einhalten werde). 
Ende Mai werden wir zu Viert ins Wallis reisen, an eine Teamklausur zu einem scheidenden Kollegen. Wir haben uns überlegt, dass wir nicht fast drei Stunden pro Weg im Zug verbringen wollen, im schlimmsten Fall mit Schutzmaske, mehr oder weniger produktiv am Arbeiten. Nun reisen wir im Auto - wobei, zu Viert, das ist ja eigentlich auch ein Risiko. Vier Mann mit Schutzmaske im PW...dieses Bild hätte mich vor zwei Monaten vermutlich in einen Lachanfall ausbrechen lassen. Heute denken wir ernsthaft darüber nach. Überhaupt ist Ernsthaftigkeit ein ständiger Begleiter in unserem Alltag. Da freuen wir uns über jedes Lächeln, jede Umarmung, jedes gesellige Zusammensein (in kleinen Gruppen mit soviel Abstand wie möglich). Vergessen wir nicht, Spass zu haben - vergessen wir nicht, zu leben.