Sonntag, 24. Mai 2020

Achterbahn

Was ist eigentlich "Erfolg" genau? Wenn am Ende des Monats - vor dem Zahltag - noch Geld auf dem Konto ist? Wenn ein Vorhaben abgeschlossen werden konnte? Wenn man im Moment einen Job hat und der auch einigermassen sicher ist? Trifft ja eigentlich alles auf mich zu, aber trotzdem ist da nicht jeder Moment ein restlos zufriedener. Zeit also, mal etwas genauer hinzuschauen... 
Der Job ist anspruchsvoll, beansprucht viel Zeit - aber die habe ich ja eigentlich auch. Wenn also Stress aufkommt, habe ich vermutlich zu viel in den Tag reingepackt, dann bin ich selber schuld. Ich habe deshalb begonnen, Freiräume im Kalender einzutragen, denn dass es auch mit weniger Terminen geht, beweisen jene Tage an denen ich frei habe: die Welt geht nicht unter - Überraschung, sie dreht sich weiter. 
Geld ist auch nicht unbedingt ein Problem im Moment. Es sind höchstens zu viele Unsicherheitsfaktoren im Spiel zur Zeit: was will die Steuerbehörde neu an Steuern von mir als Single? Wie entwickelt sich der Immobilienmarkt und wieviel Geld zahlt dann irgendwann der Käufer für unser Haus? Was kosten Verschreibung, Schuldbrief-Einrichtung und wie hoch sind die Zinsen der Bauphase? Es ist im Moment schwierig abzuschätzen, was ich noch zusätzlich in die Wohnung in Zollikofen stecken kann. Investiere ich zuviel, bekomme ich nächstes Jahr ein Problem. Bin ich zu geizig, werde ich das vielleicht die nächsten 10 Jahre bereuen.
Und Vorhaben erfolgreich abgeschlossen habe ich auch das eine oder andere in letzter Zeit. Am Freitag erst kam die Bescheinigung der Rechtskraft unserer Scheidung. Ein Erfolg insofern, weil das Ganze ohne Notar und Nebengeräusche abgelaufen ist. Ein Misserfolg war letztlich unsere Beziehung, aber es gab darin auch über 30 mehr oder weniger erfolgreiche Jahre. Trotzdem geht gerade von diesem "Erfolg" bei mir im Moment die grösste Verunsicherung aus. Ich stehe am Ende eines langen Weges, mit einer Vorstellung wo es hingehen soll - aber ich erkenne nicht wirklich, wo genau der Weg weiterführt. Ich stehe mitten in einem Wald und kann in verschiedene Richtungen gehen - aber ein schöner, breiter Weg ist nicht sichtbar. Es gibt mehrere Trampelpfade, die ich zu erkennen glaube, aber vielleicht bilde ich mir manche davon auch nur ein. Das einfachste wäre, den Weg ein Stück zurückzugehen, auf dem ich gekommen bin - aber das ist keine Option. Also muss es vorwärts gehen, und besser als stehenzubleiben ist einfach mal einen Weg einzuschlagen allemal.
Das nächste Ziel ist der 14. Juni, da soll es endlich mal losgehen mit der Campingsaison 2020. Aktuell bereite ich das Wohnmobil für die erste Ausfahrt vor: beladen, Wasseranlage reinigen, Funktionskontrolle. Meine Listen zum Abarbeiten habe ich bereits konsultiert, aber sie stimmen nicht mehr zu 100%. Hundefutter? Gudeli? Leinen? Alles Makulatur, und das tut dann auch kurz wieder etwas weh. Aber es zeigt auch eines ziemlich deutlich: wenn ich etwas vermisse, dann sind es vor allem die Hunde. Und im Fall von Astrid ist es mehr der Gesprächspartner, der ab und zu fehlt, oder eine helfende Hand. Das gehört zwar auch zu einer Beziehung, sollte aber nicht wie bei uns am Schluss schon alles sein.
Die Hunde sehe ich dann nächsten Sonntag wieder. Carmen und ich machen einen Ausflug nach Mostindien. Ob das klug ist, wird sich zeigen - aber wie bereits geschrieben ist Stehenbleiben für mich im Moment keine Option.