Donnerstag, 19. März 2020

Freitag ist Massnahmentag

Stell dir vor es ist Frühling, und keiner ginge hin. Früher stand in dem Spruch "Krieg" anstelle von "Frühling". Und wir fanden diesen Spruch klasse, er war pazifistisch und gab uns Hoffnung, dass wir nie einen Krieg würden erleben müssen. Denn unsere Vorstellung von Krieg war dazumal laut, kraftvoll, beängstigend - und nachhaltig, denn die grosse Waffe dieser Zeit war die Atombombe. Oder noch schlimmer, die Wasserstoffbombe, die weniger "kaputt" macht, aber mit der Zeit ebenso viel Tod bringt.
Kriege gab es in dieser Friedenszeit immer, überall auf der Welt, und nicht zu wenig. Heute ist die Bedrohung unsichtbar, aber nicht minder gefährlich. Und ja, die Behörden wünschen sich, dass keiner rausgeht, keiner den Frühling geniesst, keiner Party feiert in den Parks. Nur leider wird das nicht viel nützen, das Corona-Virus wird vermutlich bleiben und mit der Zeit grosse Teile der Bevölkerung infiziert haben. Es geht im Moment nur darum, dass nicht zu viele auf's mal infiziert werden. Nicht zu viele Intensivpatienten und nicht zu wenig Pflegepersonal. Ich bezweifle, dass wir das wirklich schaffen werden. Es wird vielleicht nicht wie in Italien, aber es wird uns vermutlich nicht gelingen, allen Patienten die optimale Pflege zukommen zu lassen. Aber im Moment sind sich viele Leute dem Ernst der Lage gar nicht bewusst. Sie fahren zum Gleitschirm-Fliegen, an den See, in die Berge, und glauben sich unverwundbar. Ein Senior meinte lapidar, er hätte auch die Maul- und Klauenseuche überlebt - dabei ist diese doch für Menschen gar nicht gefährlich, oder? 
Morgen ist wiedet Freitag. Morgen wird der Bundesrat wieder eine Pressekonferenz abhalten. Morgen wird er vermutlich neue Massnahmen kommunizieren und die werden vermutlich weitreichende Konsequenzen haben. Dürfen nur die Renter nicht mehr raus? Oder wir alle? Im Kanton Uri ist es ja schon soweit, da darf die Generation ü65 nicht mal mehr selber einkaufen gehen. Alleine für zwei Stunden spazieren gehen schon. Warum das so ist, erklärt sich im Verhalten dieser Personen heute: ein Schwatz in der Migros, ein Ausflug mit dem Poschi, vermutlich sogar ein Kafi im Restaurant wenn diese nicht alle zu wären. Gilt es für alle, wird es etwas mühsamer, dann brauche ich eine Bescheinigung vom Arbeitgeber, wenn ich zur Arbeit gehen will. Das sollte ich zwar bekommen, aber wie soll ich so einen Nachfolger für Lukas rekrutieren? Wie kann ich meinen Vorzeltboden, den ich über Ricardo verkaufen konnte, an den Mann bringen? Wie soll die Beurkundung für meine neue Wohnung stattfinden, wenn man nicht raus darf?
Es wird vermutlich alles etwas länger dauern. Und es wird uns viel kosten. Aber irgendwann kommt der Sommer und wir können alle wieder unbeschwert draussen sitzen und gemütlich ein Bier trinken mit Freunden. Da freu ich mich schon drauf.